Thermalbäder: Die heilsame Kraft des Wassers
Schwefelquellen stärken das Immunsystem, Solebäder entspannen bis in die Zehenspitzen. Wasser ist ein wahrer Jungbrunnen – wenn man weiß, wie es wirkt.
Im Winter in einen gefrorenen See zu springen, mag für viele irrwitzig klingen. Für die Kalifornierin Patricia Schumacher ist es allerdings das perfekte Mittel gegen den Winterblues. Wir haben mit ihr und dem Wasserretter Hansjörg Ransmayr über das Eisbaden gesprochen.
Die Landschaft ist mit einer weißen Schneedecke überzogen, am Horizont ragen die Berge wie eine Krone in den klaren Himmel. Vor uns der Zauchensee, der durch die dicke Eisschicht fast nicht zu erkennen ist. Das dunkle Nass lässt sich nur durch ein kleines Loch erkennen, das mit einer Säge herausgeschnitten wurde und auf das nun Patricia Schumachers konzentrierter Blick gerichtet ist. Die gebürtige Kalifornierin holt tief Luft und geht mit langsamen Schritten ins Wasser. Hier auf 1.350 Metern Seehöhe liegt die Wassertemperatur im März nur knapp über dem Gefrierpunkt. Wie sich das anfühlt? „Am Anfang ist es wie ein Schock. Es fühlt sich an, als würde der Körper brennen oder so als könnte man nicht atmen.”, erzählt Patricia. Warum tut sie sich das dann überhaupt an?
„Ich habe bemerkt, dass es mir mehr Energie gibt. Durch das kalte Wasser werden Endorphine und Glückshormone im Körper ausgeschüttet. Meine Stimmung hat sich dadurch verbessert und stabilisiert.”
Eisbaden (oder auch Kaltwasserimmersion genannt) scheint immer mehr Anhänger*innen zu finden. Vielleicht liegt es am niederländischen Kälteguru und Iceman, Wim Hof, der uns in Gwyneth Paltrow’s Netflixserie „The Goop Lap“ die Vorteile des kalten Wassers demonstriert. Vielleicht liegt es auch einfach an der Sehnsucht nach dem Gefühl von Freiheit und der Verbundenheit zur Natur.
Der Salzburger Hansjörg Ransmayr ist nicht nur Wasserretter, sondern auch selbst leidenschaftlicher Winterschwimmer und hält Eisbaden für „the next big thing“. Besonders seit Beginn von Corona erlebt er einen Anstieg an Wagemutigen, die es vor allem wegen der Stärkung der Widerstandskräfte in die kalten Fluten zieht.
Das Eisbaden ist jedoch kein ein neuer Trend. Bereits Hippokrates glaubte an die positiven Effekte des kalten Wassers. Auch in Kurhäusern werden Kaltwasseranwendungen nach Kneipp schon lange als Therapie eingesetzt. Und selbst unsere Großmütter wussten schon von der Straffung des Bindegewebes durch kalte Duschen.
Ob Hippokrates oder unsere Omas – alle hatten sie recht. Auch Hansjörg Ransmayr bestätigt die Vielzahl an positiven Effekten für Körper und Geist: Das Eintauchen in Wasser um den Gefrierpunkt wirkt sich positiv auf unser Herz-Kreislauf-System aus, fördert unsere Immunabwehr, kann akute Schmerzen bei Rheumatismus und anderen Gelenkschmerzen verringern und bekämpft Depressionen. Das Eisbaden löst die Freisetzung von Adrenalin und dem Glückshormon Dopamin aus sowie entzündungshemmenden Kortikoiden zur Regeneration.
Hochleistungssportler*innen steigen deshalb schon seit einiger Zeit nach dem Training in “Eistonnen”. Forscher*innen an der Cambridge University haben kürzlich sogar einen Zusammenhang zwischen dem Kaltwasserschock und einem Protein entdeckt, dass vor degenerativen Erkrankungen wie Demenz schützen könnte.
Auch bei Schlafstörungen soll es angeblich nichts Besseres geben, als sich lange im kalten Wasser aufzuhalten. “Das ist wie bei einem Tee”, erklärt Hansjörg: “Wenn ich mich kurz unter die kalte Dusche stelle, werde ich munter. Wenn ich mich länger im kalten Wasser aufhalte, wird der Körper unheimlich müde, weil der Stoffwechsel hochgefahren wird. Anschließend kann man ausgezeichnet schlafen“.
Hansjörg beobachtet auch, dass das Baden in kaltem Wasser besonders bei Frauen, die unter Regelbeschwerden oder dem Wechsel leiden, beliebt ist. Es helfe ihnen dabei, sich und ihren Körper wieder besser zu spüren.
Wie uns auch Patricia bestätigt hat, trainiert man durch das Eisbaden auch die mentale Stärke, Willenskraft und das Selbstbewusstsein. Wer es schafft, ins kalte Wasser zu steigen, der überwindet seine eigenen Grenzen: Die Furcht vor der Kälte sei reine Kopfsache. Manche Menschen, die diesen kleinen Sieg bereits für sich verzeichnen konnten, nennen ihn auch liebevoll "Himalaya-Gefühl für Unsportliche".
Wer sich nun schon in die Badehosen geworfen hat und motiviert zum nächsten zugefrorenen See aufbrechen will, dem sollte eines klar sein: Eisbaden ist mit Vorsicht zu genießen. Immerhin birgt es neben den wohltuenden Effekten auch hohe gesundheitliche Risiken und kann im schlimmsten Fall zum Tod durch Hypothermie oder Ertrinken führen. Am besten lässt man sich vorab von seinem Arzt oder seiner Ärztin beraten, besonders, wenn man unter Asthma, hohem Blutdruck oder einem Herzproblem leidet.
Auf das erste Eisbad sollte man sich prinzipiell langsam vorbereiten. Im Sommer oder Herbst zu starten und in die Saison “hineinzuschwimmen”, empfiehlt Hansjörg Ransmayr.
„Kaltwasserexposition ist die beste Therapie gegen den Winterblues.“
Autorin: Hannah Zajic
Schwefelquellen stärken das Immunsystem, Solebäder entspannen bis in die Zehenspitzen. Wasser ist ein wahrer Jungbrunnen – wenn man weiß, wie es wirkt.
„Lernt das Wasser richtig kennen, und es wird euch stets ein verlässlicher Freund sein.“ Sebastian Kneipps Hydrotherapie ist die Basis für Wasseranwendungen in der Wellness-Kultur.
In Österreichs Flüssen und Seen kann man zu einem U-Boot (aus Beton) tauchen oder auf der Wasseroberfläche gleitend Yoga machen.
In Österreich begegnet man der Kraft des Wassers nahezu auf jeder Wandertour: in Form von tosenden Wasserfällen, kleinen Gebirgsquellen und Wildbächen.