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    • Maria Kittl in der Zwerchwand / Bad Goisern
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    Die 89-jährige Kletterin

    Maria Kittl aus Oberösterreich klettert mehrmals pro Woche auf steile Felswände. Sie ist 89 Jahre alt.

    Maria setzt ihren Helm auf und steigt in ihr hellblaues Klettergeschirr. Mit flinken, erfahrenen Handgriffen zurrt sie den Gurt fest und hakt die Karabiner ein. Hinter ihr ragt die Zwerchwand empor, eine steile Felswand mit mehreren Kletterrouten, an die sich nur erfahrene Kletterer wagen sollten. Maria schaut auf und lächelt breit. „Wenn ich eine Wand seh', die steil ist, dann geht mir das Herz auf“, sagt sie.

    „Es gibt nur zwei Möglichkeiten – entweder man gibt auf oder man wird stärker.“

    Maria Kittl / Bad Goisern
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    Maria Kittl mit ihrer Kletter-Ausrüstung
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    Klettern mit 89

    Wenn in diesem Moment ein Wanderer vorbeikommen und Maria und ihren Begleiter, Bergführer Christoph Hüthmair, sehen würde, wäre er vermutlich etwas überrascht. Maria sieht nicht aus wie die typische Kletterin – sie ist 89 Jahre alt, 1,50 Meter groß, mit watteweißen Haaren unterm Kletterhelm. Andererseits – gibt es die „typische Kletterin“ überhaupt? Genau wie andere auch empfindet Maria pure Freude, wenn sie den Fuß unter voller Konzentration auf dem nächsten Tritt positioniert. „Das ist der erste Grund, warum ich klettere: wegen dem Kopf“, sagt sie. Da ist etwas dran: Freeclimbing verlangt nicht nur volle Aufmerksamkeit im Moment, eine Studie der University of North Florida zeigt auch, dass Klettern das Gedächtnis und andere kognitive Funktionen verbessern kann. Das liegt daran, dass Gleichgewicht, Muskelkoordination und räumliche Orientierung gleichzeitig trainiert werden.

    Kletterpartner – und Freunde

    Warum klettert Maria noch? „Zweitens: wegen dem Klettern selbst“, sagt sie. „Und drittens, für die Gesellschaft. Ich hab ja immer einen Bergführer. Was kann mir Besseres passieren?“ In den letzten Jahren ist Christoph, der Marias Enkel sein könnte, viel mehr geworden als nur Bergführer; die beiden sind Freunde. Freunde, die wochenlange Kletterurlaube in Frankreich, Kroatien und Spanien miteinander verbringen. „Sie hat die Fähigkeit, dass sie sich immer und immer wieder neu auf eine Situation einstellen kann“, sagt Christoph über seine Reisepartnerin. „In ihrem Alter fängt vielleicht etwas zu zwicken an und dort und da tut etwas weh, aber sie schafft es immer wieder, eine Lösung zu finden. Das ist beeindruckend.“

    250 Klettertage in einem Jahr

    Was Maria mit über 80 erreicht hat, ist ebenfalls beeindruckend. „In den letzten Jahren habe ich mir gedacht: ‚Ich will so viele Klettertage wie möglich haben.‘ Und da hab ich 250 zusammengebracht. In einem Jahr“, erzählt sie. 150 bis 200 Klettertage – ein hoch gestecktes Ziel für viele – ist für sie ein ganz normales Jahr, obwohl sie fast 90 ist. In jüngeren Jahren war Maria Landesmeisterin im Skifahren und Dressurreiten. Gemeinsam mit Ehemann Robert, einem bekannten Bergsteiger, beging sie außerdem einige der schwierigsten Kletterrouten der Alpen. Damals, in den 60er und 70er Jahren, waren Bergsteigen und Klettern noch ganz klar Männerdomäne, und so war Maria die erste Frau auf vielen dieser Routen. Die Berge waren für sie jedoch nicht immer eine Quelle der Freude: 2008 starb ihr Ehemann bei einem Kletterunfall am Dachstein, und ihr Sohn kam im Alter von 17 Jahren beim Gleitschirmfliegen ums Leben.

    „Wenn ich eine Wand seh', die steil ist, dann geht mir das Herz auf.“

    Maria Kittl setzt ihren Helm auf / Bad Goisern
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    Maria Kittl, ein Mensch voller Lebensfreude / Bad Goisern
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    „Es gibt nur zwei Möglichkeiten – entweder man gibt auf oder man wird stärker“

    Den Sport aufzugeben kam für Maria jedoch nie in Frage. Freeclimbing und das damit einhergehende Ganzkörpertraining findet sie ideal. „Ich hab mit 70 immer gesagt: ‚90 werde ich mit Klettern.‘ Damit hab ich das Unterbewusstsein geschult, und wie man sieht, es hat sich bewahrheitet“, sagt sie und lächelt. Klettern will sie noch viele Jahre lang: „Es gibt nur zwei Möglichkeiten – entweder man gibt auf oder man wird stärker.“

    Eine von Marias Lieblings-Felswänden:

    Maria Kittl in der Zwerchwand / Bad Goisern

    Zwerchwand

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    • Höhe
      1.341 m
    • Lage
      Westliches Totes Gebirge, Bad Goisern, Oberösterreich
    • Flughäfen in der Nähe
      Salzburg (1,5 h), Linz (2 h)

    Die Zwerchwand in Bad Goisern, Oberösterreich

    Die Zwerchwand liegt im Salzkammergut (Oberösterreich) und ist mit ihren Kletterrouten unterschiedlichen Schwierigkeitsgrads ein Geheimtipp für Kletterer. Die Touren sind zwischen einer und fünf Seillängen lang. Die Felswand verläuft von Ost nach West, mit einer Breite von ca. 400 m und einer Wandhöhe von bis zu 100 m.
    Mehr dazu
    | Route finden

    Was ist Freeclimbing?

    Maria ist hier beim Freeclimbing zu sehen. Beim Freeclimbing (auch Freiklettern genannt) setzt der Kletterer oder die Kletterin nur Füße und Hände zum Klettern ein und ist dabei durch Hilfsmittel wie Seil und Haken gesichert. Manchmal wird Freeclimbing mit „Free Solo“-Klettern verwechselt, bei dem Sportlerinnen und Sportler komplett ohne Seile, Gurte und andere Sicherungsausrüstung klettern.

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