Kajak- und Kanufahren im Winter
Winterpaddeln? Wie, Kajak- oder Kanufahren ist doch ein Sommersport? Stimmt – doch auch wenn die eisigen Temperaturen abschreckend wirken: Wer bereits Erfahrungen im Sommer gesammelt hat, lässt sich vom gleichen Sport bestimmt auch in der kalten Jahreszeit verzaubern.
Was ihr zum Winterpaddeln nicht unbedingt wissen müsst, aber dennoch nicht schadet.
Gleich vorweg: Kanus und Kajaks sind vielseitig einsetzbar und helfen der Menschheit schon seit Jahrhunderten bei der Überquerung von Gewässern. Ihren Ursprung haben sie in Mittelamerika und Grönland. Wer genau wissen will, wie sie sich unterscheiden liest hier nach. Winterpaddeln ist in Österreich auf Flüssen und Seen möglich und wird dann empfohlen, wenn ihr schon erste Erfahrungen im Sommer gesammelt habt. Wenn ihr Lust auf Action und Adrenalin habt, saust ihr die Stromschnellen hinunter. Die idyllische Alternative findet auf dem See statt. Für beides gilt: Anfängerinnen und Anfänger paddeln ausschließlich mit einem erfahrenen Guide!
Gut gerüstet: Das benötigt ihr für eure winterliche Paddeltour
Coole Touren in Österreich
Pssst! Jetzt folgen echte Geheimtipps. Auch wenn Winterpaddeln theoretisch auf frei zugänglichen öffentlichen See möglich ist, verfügt nicht jeder See in Österreich über eine angrenzende Kajak- oder Kanuschule. Zudem wird der Sport nicht von allen Schulen im Winter angeboten. Das trübt den Spaß aber nicht! Erfahrene Winterpaddlerinnen und Winterpaddler, die gegebenenfalls sogar über die nötige Ausrüstung verfügen, sind darauf nicht angewiesen. Für Anfängerinnen und Anfänger gilt: Fragen lohnt sich immer. Vor allem kommt ihr dadurch in den Genuss auch auf abgelegenen Bergseen zu paddeln – ein verzauberndes Naturerlebnis.
Drei besondere Winterpaddel-Touren
„Das Besondere ist die Stille in der Mitte des Sees. Es fühlt sich so an, als wäre man ganz allein mit der Natur und den Elementen.“
Autorin: Melanie Wachter
Elly aus Großbritannien wagt sich beim Urlaub in Österreich in ein Winter-Kajak-Abenteuer. Hier erzählt sie von ihrem Selbstversuch.
„Du gehst im Winter Kajak fahren? Hier?“, hörte ich mich selbst fragen, während in meinem Kopf folgende Bilder auftauchten: zitternde, um ein Paddel geklammerte Finger und klappernde Zähne unter einem eingefrorenen Helm.
„Sicher! Warum nicht?“, so die Antwort. Ich war auf Winterurlaub in Österreich und saß gerade auf dem Sessellift neben meiner Skilehrerin, die mir davon erzählte, wie sie im malerischen Tirol ihre Freizeit verbrachte.
Kajak im Winter?
„Wird dir dabei nicht kalt?“ Als Mädchen aus Nordengland bin ich schon ein paar Mal in einem Kajak auf dem Wasser gewesen. Die Unterhaltung brachte schöne Erinnerungen hoch: sonnige Nachmittage im Pfadfinderlager; Schulausflüge an den Semer Water in England, wo ich gemeinsam mit meinen Klassenkameradinnen und Klassenkameraden gelernt habe, wie man richtig mit dem Paddel umgeht und wie die Eskimorolle funktioniert. Jahrzehnte später, während eines Sommerurlaubs im englischen Lake District, rannte ich geradewegs zum Seeufer – so groß war die Sehnsucht, ein paar Stunden auf dem Wasser zu verbringen. Aber auch in England war Kajakfahren für mich eindeutig ein Sommersport.
Kaltes Wetter als neues Abenteuer
„Nein, nicht wirklich“, antwortete meine Skilehrerin vergnügt, als wir die Bügel des Sesselliftes anhoben, um auszusteigen. „Du hast deine Ausrüstung an – deinen Trockentauchanzug, deine Handschuhe und ein paar Schichten – damit bleibt dir warm. Du solltest es ausprobieren! Kaltes Wetter ist keine Spaßbremse; es hilft dir viel eher dabei, dich in ein neues Abenteuer zu stürzen“. Und als meine Skier den Boden berührten und ich von meinem Sitz glitt, war da dieser vertraute Nervenkitzel vor dem ersten Schwung im Schnee – und ich dachte mir: eigentlich hat sie Recht.
Ein winterlicher Kajakausflug
„Also, warst du schon einmal Kajak fahren?“, fragte mich der Kajaklehrer, den ich für diesen Tag gebucht hatte. Von der Unterhaltung mit der Skilehrerin inspiriert hatte ich mir einen Kajakausflug am Achensee organisiert. „Ja, aber noch nie in Österreich – und definitiv noch nie im Winter“, antwortete ich ehrlich.
Grinsend sagte er zu mir, ich solle mich auf ein besonderes Vergnügen gefasst machen. Ich überprüfte den Zipp meines Trockentauchanzugs, steckte meine Hände in die Neopren-Handschuhe und machte den Verschluss des Helmes zu. Während mir der freundliche Lehrer die Sicherheitsbestimmungen erklärte, schmolzen meine Ängste vor eiskaltem Wasser und nicht-schiffbaren Gewässern. Sie wurden verdrängt von purer Aufregung und Neugierde.
Der Blick auf den See ließ mir den Atem stocken
Vor mir lag eine Oase der Ruhe. Als wir losfuhren, entstanden durch unsere Paddelschläge kleine Wellen, die sich bis an die andere Seite des Sees ausbreiteten – dorthin, wo sich das Bergpanorama noch im glasklaren Wasser spiegelt, solange es sich nicht bewegt. Die einzigen hörbaren Geräusche waren weit entfernter Vogelgesang und unsere sanften Paddelschläge. Ich fühlte mich komplett frei von Ablenkungen, weit draußen auf dem See. Frei von dem Drang, schnell meine E-Mails zu checken, oder durch meinen Instagram Feed zu scrollen. Die Stille des Wassers lud mich ein, den Alltag hinter mir zu lassen und den Moment für mich in der Ruhe der Natur zu genießen. Ich nahm die Einladung aus vollem Herzen an.
Der Achensee in Tirol
Mit einer Gesamtlänge von neun Kilometern ist der Achensee der größte See in Tirol, und ich war mehr als bereit dazu, ihn zu erkunden. Wir starteten vom kleinen Skidorf Achenkirch am Nordufer, wo Snowkiterinnen und Snowkiter über die gefrorene Wasserfläche gleiten – sie erinnern an die Kitesuferinnen und Kitesurfer, die sich hier sicher im Sommer tummeln. Ich blickte zurück und konnte noch die bunten Lenkdrachen sehen, die über den klaren, blauen Himmel tanzten.
Wir paddelten mit kräftigen Zügen in Richtung Maurach am südlichen Ufer. Nach einer Weile machte mich mein Lehrer auf Pertisau aufmerksam, das zu unserer Rechten lag. Ich blickte über die spiegelglatte Oberfläche des Sees – ein feiner Dunst hatte sich über das Wasser gelegt – und ich genoss den Ausblick auf das idyllische Alpendorf. Die malerischen Holzhäuser lagen da wie schlafend unter einer dicken Schneedecke; in der Umgebung konnte man Winterwanderinnen und Winterwanderer erkennen, die im Schnee ihre Spuren auf dem Weg zum See hinterließen.
Unvergessliche Erfahrung
Ich verbrachte einige Zeit damit, die Aussicht auf die Berge und Wiesen von meinem außergewöhnlichen Aussichtspunkt aus zu genießen, bevor ich mich wieder auf den See konzentrierte. Kleine glitzernde Eisschollen trieben neben uns im Wasser, grazil wie Schwäne, und ich hatte großen Spaß daran, dünnere Schollen geräuschvoll mit meinem Paddel zu zerbrechen. Als es Zeit wurde zurückzupaddeln, waren meine Ängste vor trügerischen Eisbergen nur eine entfernte Erinnerung, und ich konnte nicht anders, als stolz auf mich zu sein. Ich hatte die Herausforderung angenommen und wurde mit einer Erfahrung belohnt, an die ich mich immer erinnern würde.
Mehr Sommersport im Winter
An diesem Abend traf ich meine Urlaubsgruppe in einer gemütlichen Almhütte zum Abendessen. Meine Freunde bombardierten mich mit Fragen – Hast du gefroren? Bist du gekentert? War es schwierig, das Eis zu durchbrechen? – während meine Skilehrerin mich über den Tisch hinweg anstrahlte. Ihre Frage beantwortete ich zuerst: „Hat es Spaß gemacht?“ – „Absolut“, bestätigte ich. „Ich kann das nächste Mal kaum erwarten. Als nächstes möchte ich eine Flusskajak-Tour auf dem Lech machen.“
„Klar, das ist eine tolle Idee, auch zum Skifahren. Dort kann man im Winter auch Eisklettern gehen, auf einem gefrorenen Wasserfall.“ „Ja, davon habe ich schon gehört!“, warf einer meiner Freunde ein, der ein begeisterter Kletterer war. „Es wäre toll, das auszuprobieren.“
Ich lächelte unwillkürlich. Irgendetwas sagte mir, dass meine Winterabenteuer mit angeblichen Sommersportarten gerade erst begonnen hatten …
Autorin: Eleanor Moody