Winterwandern in Österreich: Das beschauliche Naturerlebnis
Beim Winterwandern durch Österreichs Schneelandschaften zeigt sich der Winter von seiner ruhigen Seite. Hier gibt’s die schönsten Winterwanderwege.
Im Schein einer Fackel erstrahlt die Winterlandschaft in neuem Licht. Aber wieso sehen alle, die mit einer offenen Flamme durch die Dunkelheit spazieren, so entspannt aus? Gemeinsam mit Lisa Flatscher, Bergwanderführerin aus Waidring, haben wir die wunderbare Wirkung des winterlichen Fackelwanderns ergründet.
Ein sternenklarer Januarabend im Tiroler Pillerseetal. Über der Landschaft liegt eine weiße Decke aus Schnee. Die Luft ist trocken und kalt – unser Atem bildet vor unserem Gesicht kleine Wölkchen, doch zum Glück spenden die Flammen unserer Fackeln ein bisschen Wärme. Seit wir den Ortsrand von Waidring hinter uns gelassen haben, sind die Fackeln die einzige Lichtquelle in der Finsternis. Von oben muss es aussehen, als würde sich eine orange leuchtende Schlange ihren Weg durch die Dunkelheit bahnen. Wir fühlen uns, als würden wir mit jedem Schritt ein Stück weit in die Vergangenheit zurückreisen – denn bereits vor 100.000 Jahren, kurz nach der Entdeckung des Feuers, haben sich unsere Urahnen schon so durch die Winternacht bewegt.
Leise knirscht der Schnee unter unseren Stiefeln, als wir bergauf durch den verschneiten Wald stapfen. Nur das Geräusch unserer Schritte ist zu hören – ansonsten herrscht Stille. Obwohl wir eine Gruppe von acht Personen sind, spricht niemand. Zu sehr sind wir auf die Flammen unserer Fackeln konzentriert, die sanfte Schatten auf die umliegenden Bäume werfen. Im gedämpften Feuerschein schauen sie aus wie Riesen, die ihre schneebedeckten Arme in den Himmel strecken. Und der Blick zum Himmel ist überwältigend: Als wir aus dem Wald heraustreten, funkeln über unseren Köpfen plötzlich unzählige Sterne am Firmament. „So einen schönen Nachthimmel habe ich schon ewig nicht mehr gesehen“, hört man einen von uns ehrfürchtig flüstern.
Der Reiz einer Wanderung in der Nacht liegt in der Reduktion. Weil wir weniger sehen, werden andere Sinneswahrnehmungen stärker. „In der Dunkelheit haben wir einen ganz anderen Fokus als am Tag: Wir gehen langsamer und bewusster, nehmen unsere Umgebung anders wahr“, erklärt Lisa.
Und wir bemerken diese veränderte Wahrnehmung nun auch selbst – unsere Instinkte, die in unseren Genen verankert sind, springen an.
Wir hören plötzlich Geräusche im Wald, nehmen Gerüche wahr, die uns vielleicht tagsüber nicht auffallen würden, und entdecken Spuren von Tieren im Schnee.
Auch die Schneekristalle glitzern in der nächtlichen Kälte und im Feuerschein der Fackel ganz anders als am Tag.
Und ohne die Fackeln wäre das ganze Erlebnis sicher nur halb so eindrucksvoll. „Das Feuer macht etwas mit den Menschen“, versucht Lisa die meditative Wirkung der Fackeln zu erklären. „Vielleicht liegt es daran, dass man sich beim Gehen ganz auf die offene Flamme konzentriert. Da bleibt kein Platz für abschweifende Gedanken – man bleibt ganz bei sich.“ Auch wir spüren es: Das offene Feuer erdet und ermöglicht es uns wirklich, in unsere Umgebung einzutauchen, ohne sie aufzuschrecken. Wieder einmal ganz in der Natur und im Moment anzukommen.
Langsam geht es nun entlang der verschneiten Forststraße zurück Richtung Ausgangspunkt. Wir treten aus der Dunkelheit des Waldes heraus und sehen vor uns wieder die Lichter der Straßenbeleuchtung im Ortszentrum. Die plötzliche Helligkeit lässt uns blinzeln. Die Alltagswelt hat uns wieder – schade eigentlich! Nur eine Stunde waren wir unterwegs, aber trotzdem fühlt es sich so an, als wären wir ganz weit weg gewesen.
Dorfstraße 25
6384 Waidring
Österreich
Autorin: Christina Zarnhofer
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Tausende kleiner Schneekristalle funkeln in der Sonne. Ohne Schneeschuhe würden wir einfach im tiefen Pulverschnee versinken. Mit den großen Tellern an den Füßen geht’s problemlos.