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    • Blick auf das Kunsthistorische und Naturhistorische Museum
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    Frische Luft für heiße Städte

    Die Sommer werden immer heißer. Vor allem in den Städten können wir das jedes Jahr spüren. Um Abhilfe zu schaffen, entstehen erfrischende Konzepte. Erdacht und kreiert werden sie unter anderem von einem Kollektiv, das sich unter dem Namen „Breathe Earth Collective“ zusammengetan hat. 

    Ein Airship wird kommen: Zwei Minuten Walderholung mitten in der Stadt

    Strahlend blau wölbt sich der Himmel über Wien – an einem Sommertag, wie er schöner nicht sein könnte. Schöner nicht und heißer nicht. Schon zu Mittag klettern die Temperaturen auf 32 Grad Celsius. Und sie steigen weiter, wenn die Fassaden die gespeicherte Hitze selbst nicht mehr aushalten und sogar an enge Straßen und Höfe abgeben. Wer träumt da nicht von einem frischen Plätzchen zum Durchatmen und Erholen? Die Sehnsucht danach ist in jedem Sommer zu spüren. Im Juli 2019 wurde sie auf besondere Art gestillt. Damals landete mitten in einem der weltweit größten Kunst- und Kulturareale, dem MuseumsQuartier Wien, ein „Airship“ und brachte den Großstädtern die ersehnte Abkühlung.

    Ein Airship? „Ja, ein Airship“, lacht Bernhard König. Der Architekt und Landschaftsarchitekt ist eines von fünf Mitgliedern im Breathe Earth Collective. Dieser sogenannte „Think-and-Do-Tank“ erforscht wesentliche Wege im Handeln gegen den Klimawandel und seinen Folgen. Dabei bleibt es aber nicht, denn die Mitglieder setzen innovative Klimaprojekte auch um. So wie das Airship eben. „Das ist der Name einer unserer Installationen“, erklärt Bernhard, „der Prototyp einer urbanen Frischeinsel oder auch Coolspot, wie wir es nennen. Es kommt rum in der Welt, war schon in Italien, Frankreich, im niederösterreichischen Tulln und eben auch in Wien.“

    Von außen sieht es so aus, als wäre das Airship von einem anderen Planeten zu uns gekommen: In der Grundfläche rund und 40 Quadratmeter groß, nach oben hin oval geformt, mit einer weißen Außenfläche, die das Sonnenlicht reflektiert und auch damit zum Frischeeffekt beiträgt. Ziemlich geheimnisvoll, denn viel mehr ist erst einmal nicht zu erkennen. Um zu verstehen, was es ist und was es will, muss man sich schon hineintrauen. Und dieser mutige Schritt wird ja auch sofort belohnt.

    Betritt man es, steht man auf einmal in einem kleinen Wald mit Bäumen, Farnen und Moosen. Als ob das nicht schon beeindruckend genug wäre, spürt man dabei auch noch eine angenehme Frische. Denn immerhin wird die Luft durch die Pflanzen und einen feinen Sprühnebel um fünf bis sechs Grad heruntergekühlt. Ein wahrer Segen bei den sommerlichen Außentemperaturen. Es ist so angenehm, dass man am liebsten ewig auf der runden Sitzbank im Airship verweilen möchte.

    Grün, grün, grün ist keiner meiner Daumen: Warum Natur trotzdem wichtig für uns ist

    Manch einer könnte sich vielleicht fragen, wozu es diese futuristisch anmutenden Frischeinseln braucht, wo es doch in einer Stadt genügend klimatisierte Cafés, Bars und Eisdielen gibt, in die man flüchten und wo man sich von der Hitze erholen kann. Dem setzt die Architektin und Landschaftsarchitektin Lisa Maria Enzenhofer entgegen, dass klimatisierte Räume nicht ausreichend sind: „Wenn es um Erholung geht, ist es die Natur, die den Unterschied macht. Denn Grün wirkt beruhigend und erholsam. Die Liebe zu Pflanzen, die wissenschaftlich als Phytophilie bezeichnet wird, ist uns Menschen einfach angeboren." Das äußert sich vielleicht nicht bei jedem in Form eines grünen Daumens. Die erfrischende Wirkung von Grün im Sommer kennen wir aber alle. Nur hat leider nicht jeder einen Park in seiner unmittelbaren Nähe. „Lebendiges Grün bringt Erholungseffekte, die durch technische Mittel nicht ersetzt werden können. Deshalb ist Vegetation in allen unseren Projekten als natürliches Element dabei“, bringt Architekt Andreas Goritschnig den gemeinsamen Nenner der Arbeit des Kollektivs auf den Punkt.

    „Besonders in Städten suchen wir nach Orten zum Durchatmen und Erholen. Und wir finden sie in Parks oder Naherholungsgebieten. Manchmal hilft schon der Anblick von Hügeln oder Bergen, um uns zu orten.“ 

    Bernhard Koenig, Breathe Earth Collective
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    Bernhard König, Architekt und Landschaftsarchitekt, Breathe Earth Collective

    Erholungspausen im Alltag: Sommer-Frische in die Städte bringen

    Selbst in einer Stadt wie Wien, in der der Anteil an Grünflächen mehr als ein Drittel des Stadtgebietes ausmacht, liegt die Möglichkeit eines Frischekicks nicht unbedingt vor der Haustür.

    Und nicht jeder hat die Möglichkeit, jederzeit zur Sommerfrische aufs Land zu fahren. Das gilt für jede größere Stadt. Trotzdem sollten auch in dicht bebauten Gebieten, zwischen Einkaufsstraßen und auf Märkten – ob in historischen Vierteln oder Außenbezirken – „Erfrischung und Erholung für alle so nah wie möglich sein, frei zugänglich und fair verteilt“, ist Lisa Maria Enzenhofer überzeugt. Das alles im Sinne der „urban commons“, also Ressourcen, die allen zur Verfügung stehen. Das können Trinkwasserbrunnen oder Gemeinschaftsgärten, Badestellen und eben auch Coolspots sein, an denen jeder ganz unkompliziert und kostenlos Erholung und Erfrischung im normalen Tagesablauf tanken kann.

    „Hitze in Städten rückt auch das Grundbedürfnis nach Gesundheit in den Fokus. Für eine funktionierende Gesellschaft ist das essenziell. Kühle sollte allein deshalb fair verteilt sein.“ 

    Lisa Maria Enzenhofer, Breathe Earth Collective
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    Lisa Maria Enzenhofer, Architekt und Landschaftsarchitekt, Breathe Earth Collective

    Cool and the Gang: Wie alles begann und wo sich die Kühle hautnah erleben lässt

    Um eine faire Verteilung von Kühle in Städten zu emöglichen, arbeiten die „Coolspot-Pioniere“ des Breathe Earth Collectives. Internationales Aufsehen erregte das Kollektiv erstmals bei der EXPO 2015 in Mailand. Als Co-Autoren gestalteten sie damals unter dem Titel „breathe.austria“ den Österreich-Pavillon – besonders innovativ – als Wald. Das Konzept, das im Vorfeld für fragende Blicke sorgte, wurde von hunderttausenden Besuchern und zahlreichen Experten überwältigend positiv aufgenommen. Kein Wunder: Konnten sie hier doch Schutz vor der visuellen Reizüberflutung und extremer Hitze finden und inmitten schattenspendender und kühlender Vegetation einfach mal durchatmen.

    Was gut ankam, wurde zur Praxis, und aus dieser Erfahrung heraus entwickelte das Kollektiv seither eine Reihe weiterer Coolspots, wie eben das Airship, das es in verschiedenen Ausprägungen gibt und das temporär an unterschiedlichen Orten für Erfrischung sorgt.

    Erfrischung vor der Haustür

    Weitere Möglichkeiten, mit denen sich der Überhitzung von Städten entgegenwirken lässt, lotet das Kollektiv im Rahmen des Smart-City-Projekts „Tröpferlbad 2.0“ aus. Eines Forschungsprojekts, bei dem in Wien bereits zwei Projekte umgesetzt wurden: ein Coolspot am Schlingermarkt in Floridsdorf, einem Außenbezirk, sowie ein weiterer, zentral gelegener im Esterházypark, direkt beim Haus des Meeres. Schattenspendende Elemente aus Holz oder Metall, Sitzgelegenheiten, Pflanzen und Bäume sowie Wasser als feiner Nebel oder Vorhang sorgen an beiden Orten für Abkühlung an heißen Sommertagen.

    Breathe Earth Collective Skulpturenpark
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    Über das Breathe Earth Collective

    Das coole Quintett

    Das Breathe Earth Collective ist ein interdisziplinäres Netzwerk von Architekten, Landschaftsdesignern und Künstlern. Ein Think-and-Do-Tank, dem es um die Verwirklichung von Lösungen geht. Konkret um die Schaffung von urbanen Ökosystemen. Im Sinne einer neuen Klimakultur beschäftigen sich die Mitglieder mit globalen Maßnahmen und nutzen dazu Pflanzen und grüne Infrastruktur in Städten. Ihre Vision lautet: atmende Städte – im Sinne klimapositiver Orte –, an denen mehr Sauerstoff, Wärme und Energie erzeugt wird, als die Bewohnerinnen und Bewohner benötigen. Atmende Städte können die Lebensqualität verbessern, indem sie Wasser zum Kühlen, Beschatten und Verdampfen nutzen, CO2 über Photosynthese aus der Atmosphäre binden und frischen Sauerstoff zum Atmen produzieren.

    Mitglieder sind: Karlheinz Boiger, Lisa Maria Enzenhofer, Markus Jeschaunig, Andreas Goritschnig, Bernhard König (auf dem Foto von links nach rechts).

    Volksgarten Wien / Volksgarten
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    Frische Links für kühle Köpfe

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