Friedensreich Hundertwasser, der Künstler im Einklang mit der Natur
Nicht nur sein unkonventionelles, farbenprächtiges Oeuvre wurde durch die Natur inspiriert, auch seine ganze Lebensphilosophie fand im Einklang mit ihr statt.
27,6 Millionen Euro – das war der höchste Versteigerungserlös für ein Schiele-Gemälde bei Sotheby’s in London. Es handelte sich dabei nicht um eines seiner berühmten Akte, sondern um ein Landschaftsbild. Bekannt ist Egon Schiele vor allem für seine oft bizarren Porträts und Figuren. Gegenwärtig sind es jedoch seine Landschaften, die immer mehr Beachtung in der Kunstszene erhalten.
Egon Leo Adolf Ludwig Schiele kommt 1890 in dem kleinen Donaustädtchen Tulln nahe Wien zur Welt. Es ist eine Gegend wie auf einer Postkarte: Terrassenförmige Weinberge, Kirchen mit Zwiebeltürmen und prunkvolle barocke Klöster mit Blick auf die Donau bilden wunderschöne Landschaften. Diese Idylle kommt in Schieles Werk allerdings kaum vor. Im Gegenteil. In einigen Werken meint man eine düstere Wehmut verspüren zu können. Vielleicht verarbeitete Schiele seine Trauer über den frühen Tod des Vaters. Egon ist zu dem Zeitpunkt erst 14 Jahre alt und der Verlust hatte ihn stark getroffen. 1913 schrieb der Künstler an seinen Freund und Schwager Anton Peschka: „[...] ich weiß nicht wer es verstehen kann, warum ich gerade solche Orte aufsuche, wo mein Vater war, wo ich den Schmerz in mir in wehmütigen Stunden absichtlich erleben lasse. [...] das Andenken, das mehr oder weniger verwoben ist, trage ich in mir.“ Oder war es die Absicht, mit der traditionellen lieblichen Malerei zu brechen und neue avantgardistische Wege zu gehen? Schließlich galt es, die von den progressiven Maler als schwülstig wahrgenommene Makart-Epoche mit ihren Historienschinken zu überwinden.
Oft sind es Häuserzeilen mit dicht nebeneinander stehenden Gebäuden, verwinkelte Straßenzüge, Dächerlandschaften oder Uferansichten von Städtchen an Flüssen wie der Donau. Aber auch grüne Berge, lichtdurchflutete Auwälder und herbstliche Bäume haben ihn inspiriert. Menschen sieht man auf diesen Bildern nie, daher wirken sie oft einsam, verlassen und manchmal sogar leicht morbid. Schieles Landschaften erweitern sein Œuvre um eine wesentliche Facette: Die klare Entscheidung, entweder eine Landschaft oder eine Figur zu malen, ist etwas Besonderes.
Verena Gamper, Kuratorin im Leopold Museum, meint sogar, dass seine Landschaften wie Porträts inszeniert werden: „Er haucht Landschaften, Bäumen und Blumen etwas Menschliches ein. Auch Stadtlandschaften haben eine stark organische Konnotation. Es sind keine Architekturen im herkömmlichen Sinne mit geraden Linien und klaren Kanten.“ Sie erklärt auch, dass seine Naturdarstellungen oft den zyklischen Kreislauf des Lebens betonen, in Form von verblühten Blumen, kahlen Bäumen oder der untergehenden Sonne.
Er bevorzugte das Melancholische und erklärte: „Innigst und mit dem Wesen und Herz empfindet man einen herbstlichen Baum im Sommer, diese Wehmut möchte ich malen.“ Daher sind sie auch hauptsächlich in Brauntönen gehalten, kleinteilig gestaltet und haben ausgeführte Hintergründe. Eines haben seine Werke aber alle gemeinsam: Sie sind emotionsgeladen und scheinen oft eine gewisse seelische Zerrissenheit auszustrahlen.
Seine Körperdarstellungen sind oft mit leuchtenden Farben gemalt, großzügig und stehen isoliert vor einem neutralen Hintergrund. Oft skizzenhaft, konzentriert Schiele sich auf die Konturen.
Egons erstes Lieblingsmotiv waren Züge. Als Sohn eines Bahnhofsvorstehers wuchs er in einer Welt voller Züge und Lokomotiven auf, was seine Kunst schon früh beeinflusste. Die Familie bewohnte die Wohnung über dem Bahnhof von Tulln, so konnte der junge Schiele die Eisenbahnen direkt vom Fenster aus beobachten und er verbrachte Stunden damit, sie zu zeichnen. Schon von klein auf waren Zeichnen und Malen seine Lieblingsbeschäftigung. Diese Leidenschaft brach auch während der Schulzeit nicht ab und wirkte sich anscheinend negativ auf seine schulischen Leistungen aus. Er malte während des Unterrichts und verärgerte damit die Lehrer.
Mit 12 Jahren kam er in das Gymnasium von Klosterneuburg. Glücklicherweise traf er dort auf den Zeichenlehrer Ludwig Karl Strauch, der seine künstlerische Begabung erkannte und unterstützte. Klosterneuburg hatte zu Schieles Zeiten eine sehr aktive Kunstszene und durch Strauch konnte er in eine ganz neue Welt eintauchen und mit anderen Künstlern Kontakte knüpfen. Während seiner Zeit in Klosterneuburg von 1902 bis 1906 konkretisierte sich sein Berufsziel: Es stand fest, von nun an wollte er Maler werden.
Im Erwachsenenalter malte Schiele keine Züge mehr. Eigentlich war er nicht einmal ein großer Reisender, aber die Liebe zur Bahn blieb. Er reiste mehrere Male in die Wachau und malte die Bilderreihe von Stein an der Donau. Für den Maler war die Wachau ein Sehnsuchtsort seiner Kindheit. Er verbrachte ein Schulljahr in Krems und machte ausgedehnte Spaziergäng in den Weinbergen. Wer heute am Franz-Josefs-Bahnhof in Wien in den Zug steigt und die Strecke in die Wachau nimmt, kann Schieles Heimatregion vorbeiziehen sehen und einen Zwischenstopp in Tulln machen, um sein Geburtshaus und das Schiele Museum besuchen.
Schieles Landschaftsbilder umfassen besonders viele Darstellungen von mittelalterlichen Kleinstädten. Neben dem tschechischen Krumau, der Heimatstadt seiner Mutter, kommen Orte aus Niederösterreich verhältnismäßig oft vor. Sie bezeugen die starke Verwurzelung in seiner Heimat und seine Vorliebe für Städte mit dörflichem Charakter. Schiele malt seine Städte beinahe, wie ein Landschaftsgestalter, kein Wunder, so sagt er von sich: „Wenn ich nicht Maler wäre, [...] würde ich wohl noch am liebsten Baumeister sein wollen“.
Im Laufe seines Lebens wählte er als Wohnorte immer wieder Kleinstädte: zuerst Krumau und danach Neulengbach im Wienerwald (Niederösterreich). Der Wienerwald ist, heute wie damals, eine Region mit sanften Hügeln, bewaldeten Hängen und kleinen Ortschaften im Grünen, aber doch nicht weit von Wien entfernt. Ein Vorzug, der auch Schiele auf der Suche nach mehr Lebensqualität überzeugt haben muss. Hier zog sich der Maler zurück und konnte die Natur genießen und fern der lauten Großstadt Wien ungestört arbeiten. So schreibt er in einem Brief an seinen Onkel: „[…] ich gedenke für immer hier zu bleiben, meine Absichten sind große Werke zu vollführen […].“ So entstanden in dieser Zeit bedeutende Werke wie die „Eremiten“, „Rabenlandschaft“ oder „Trauernde Frau“, aber auch viele ausdrucksstarke Landschaften und Baum-Porträts wie der „Herbstbaum in bewegter Luft“.
Mit 16 Jahren kam Schiele nach Wien, um an der Wiener Akademie der bildenden Künste zu studieren. Doch den konservativen Unterricht fand Schiele bald uninteressant und sein damaliger Professor Christian Griepenkerl war ebenso wenig begeistert von seinem Schüler: „Sagen Sie um Gottes Willen niemanden, dass Sie bei mir gelernt haben!“ Also verließ der junge Maler nach 3 Jahren die Akademie und gründete stattdessen mit ein paar Kommilitonen die Künstlergruppe „Neukunstgruppe“.
In Wien kommt es zu einigen der wichtigsten Begegnungen seines Lebens: Er lernte sein Vorbild Gustav Klimt kennen, er begegnete hier seiner Freundin und Muse Wally Neuzil sowie seiner späteren Ehefrau Edith Harms.
Das Wien der Moderne stand ganz im Zeichen eines kulturellen Umbruchs, weg von der bürgerlichen Prüderie hin zur Befreiung von moralischen Zwängen. Sigmund Freud schrieb in dieser Zeit die „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ und Schiele fand in dieser aufgeheizten Wiener Atmosphäre zu seinem besonderen expressionistischen Stil und wurde mit seinen Darstellungen von Sexualität zu einem der provozierendsten Meister seiner Zeit. 1912 schrieb die Neue Presse: „Seine Verirrungen gehören mit zum Ekelhaftesten was man bisher in Wien gesehen hat.“ Die grotesken Kreaturen und Aktbilder – männliche und weibliche – schockierten. Doch Schiele war zweifellos von seiner Kunst überzeugt: „Auch das erotische Kunstwerk hat Heiligkeit.“
1918 starb Egon Schiele im Alter von 28 Jahren an der Spanischen Grippe in Wien und hinterließ ein reichhaltiges grafisches Werk. Er war gerade auf dem besten Weg zum ersehnten Ruhm und selbstbewusst prophezeite er: „Nach meinem Tode, früher oder später, werden die Leute mich gewiss lobpreisen und meine Kunst bewundern.“
Seine Bilder und Grafiken erzielen heute Höchstpreise auf internationalen Auktionen. Die weltweit größte Schiele-Sammlung befindet sich in Wien im Leopold Museum, darüber hinaus haben auch das Belvedere und die Albertina wichtige Bestände.
Das Leopold Museum im MuseumsQuartier Wien beherbergt mit 42 Gemälden, 184 Aquarellen, Zeichnungen und Druckgrafiken sowie zahlreichen Autografen und Varia die größte und bedeutendste Egon-Schiele-Sammlung der Welt. Diese ist Teil der Dauerausstellung Wien 1900 – Aufbruch in die Moderne, die einen umfassenden Einblick in das faszinierende Wien um 1900 mit Meisterwerken von Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Koloman Moser sowie dem Kunsthandwerk der Wiener Werkstätte bietet.
Nicht nur sein unkonventionelles, farbenprächtiges Oeuvre wurde durch die Natur inspiriert, auch seine ganze Lebensphilosophie fand im Einklang mit ihr statt.
Das größte Bundesland Österreichs an der Donau: Mit reichem Kulturerbe vereint Niederösterreich alle Landschaftstypen zu einem idyllischen Gesamtbild.
Am Attersee in der Region Salzkammergut fand der Maler Gustav Klimt Ruhe und Inspiration. Viele seiner floralen Landschaftsgemälde sind dort entstanden.
Sanfte Weinberge, historische Orte und sehr viel Sonne auf 33 Kilometern entlang der Donau: Das UNESCO-Weltkulturerbe Wachau gilt als eines der schönsten Flusstäler Europas.