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    Ehe und Klettern: „Er nimmt die Bohrmaschine auch in den Urlaub mit“

    Ewald und Herta Gauster klettern seit 35 Jahren gemeinsam und vertrauen einander dabei blind. Nebenbei kümmert sich das Ehepaar auch um alte Kletterrouten, die sonst niemand wartet. Warum das heißt, dass die Bohrmaschine auch mal mit in den Urlaub kommt, erfahrt ihr hier.

    Das Wetter ist klar und sonnig, als Ewald und Herta Gauster sich auf den Weg in den Wald machen. Der Waldboden ist noch feucht vom Regen des Vortages, Wassertropfen perlen von den Blättern; man fühlt sich in einen „Herr der Ringe“-Film versetzt. Hintereinander stapft das Ehepaar auf einem schmalen Pfad durch den Märchenwald, einzelne Sonnenstrahlen fallen durchs Blätterdach – bis sich plötzlich eine steile Felswand vor ihnen erhebt. Sie sind am Ziel.

    • Klettern mit Bohrmaschine

      Mit geübten Handgriffen holt Ewald sein Equipment aus dem Rucksack: Klettergurt, Helm, Seil, Bohrmaschine. Bohrmaschine? Ja – Ewald und Herta sind nicht nur zum Klettern hier, sondern sie haben auch Arbeit zu erledigen – und zwar eine essenzielle, im Extremfall lebensrettende Arbeit. Seit knapp vierzig Jahren überprüfen, sichern und erneuern sie Kletterrouten in österreichischen Klettergärten, teilweise im Auftrag des Österreichischen Alpenvereins, meist aus purer Leidenschaft für den sicheren Sport.

    • „Wenn andere die Routen genießen, ist das für mich Lohn genug“, sagt Ewald.

      Klettern, Bohren, Haken setzen
      Mit routiniertem Blick verschafft Ewald sich einen Überblick über die heutige Situation an der Gretlwand bei Scheiblingkirchen, eine Autostunde südlich von Wien. Einige der vorhandenen Kletterhaken sind nicht normgerecht, alt, teilweise verrostet, halten nicht mehr sicher im Felsen. Es geht los. 

      „Seilende lang genug? Knoten?“ „Passt.“

    • „Gurt passt auch.“ „Das Seil richtig im Sicherungsgerät eingelegt, der Schraubkarabiner zugeschraubt?“ „Passt.“

      Und schon hängt Ewald in der Felswand, gesichert von seiner Frau Herta. Die beiden wirken komplett entspannt, vertrauen einander, wie es scheint, blind. Ewald entfernt die gefährlich gewordenen Haken aus der Wand, überlegt kurz, und setzt die Bohrmaschine an. Ein kurzes Surren, ein wenig Staub, und schon kann der neue, sichere Haken im Felsen befestigt werden.

    •                         Kletterhaken und Bohrhaken / Scheiblingkirchen-Thernberg
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    •                         Ewald Gauster mit Kletter-Equipment im Gretlwandl in Scheiblingkirchen (Bucklige Welt) / Scheiblingkirchen-Thernberg
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    •                         Ewald Gauster beim Klettern im Gretlwandl in Scheiblingkirchen (Bucklige Welt) / Scheiblingkirchen-Thernberg
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    Stille Schutzengel

    Zu tun ist immer genug. Neben dem Setzen neuer Haken entfernen Ewald und Herta gezielt lockere Griffe und Tritte, putzen Griffe, entfernen mitunter auch Äste. Auch komplett neue, sichere Routen werden gesetzt. „Wir wollen die Sicherheit im Klettergarten erhöhen“, sagt Ewald. „Dieses Ausstatten, Einrichten, Putzen passiert aber nicht von selbst.“ Darum hat er diese Aufgabe übernommen, wie ein Heinzelmännchen im Hintergrund, das für die Sicherheit der Kletterinnen und Kletterer sorgt – mit Unterstützung seiner Frau.

    Seit er in den 1980er Jahren seine ersten Bohrhaken setzte, ist viel passiert: Mittlerweile hat er insgesamt 20.000 davon in Kletterwänden befestigt und 2.000 Routen neu eingerichtet. Ein ungewöhnliches Hobby? Ja, aber: „Wenn eine Gruppe am Abend sicher heimkommt und sagt: ‚Ewald, es war schön, danke für die Routen‘, dann ist das für mich eine Genugtuung.“

    Eine Kletter-Liebesgeschichte

    Ewald und Herta sind ein eingespieltes Team. „Klettern und Ehe sind eines“, sagt Ewald. Kein Wunder, haben sich die beiden doch beim Klettern kennengelernt: „Dann haben wir festgestellt, das Klettern macht uns beiden Spaß und wir haben aneinander viel Freude. Über die Jahre ist man so zusammengewachsen, dass das eine ohne das andere nicht mehr geht.“ Inzwischen klettern die beiden schon seit mehr als 35 Jahren gemeinsam – wobei Ewalds Faible für sichere Kletterrouten auch auf Reisen immer dabei ist: „Er hat die Bohrmaschine dann auch in den Urlaub mitgenommen, die musste immer dabei sein“, erinnert sich Herta und lächelt. „Manchmal ist es schon anstrengend, wenn an fast allen Klettertagen die Bohrmaschine mitkommt und am Abend der Bohr- und Putzstaub aus dem Rucksack rieselt.“

    Grundvertrauen und Lebenssport

    Nach der Arbeit kommt das Vergnügen: Die sicheren Haken in der Gretlwand sind gesetzt, es ist Zeit fürs Klettern. „Ich spür das wirklich hautnah: Jeder Muskel wird beansprucht und man ist immer mitten in der Natur. Das ist das, was mich am meisten reizt“, schwärmt Ewald von seinem Lebenssport. Die Sonne steht inzwischen hoch, fällt auf die Wassertropfen in den Baumwipfeln und lässt den Märchenwald glitzern. Ewald und Herta tauschen die Plätze, nun sichert er, während sie den steilen Felsen trittsicher erklimmt. Ewald lächelt: „Wir wissen ohne Worte, was der andere macht. Dieses Grundvertrauen ist für mich etwas Wesentliches. Darum bin ich am liebsten mit meiner Frau unterwegs.“ 

    Autorin: Johanna Schönfeld

    •                 Maria Kittl in der Zwerchwand / Bad Goisern
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      Die 89-jährige Kletterin

      Maria Kittl aus Oberösterreich klettert mehrmals pro Woche auf steile Felswände. Sie ist 89 Jahre alt.

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    Ausblick über die Bucklige Welt / Scheiblingkirchen-Thernberg
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    Klettergarten / Hochseilgarten / Klettersteig

    Ein Klettergarten ist eine Kletteranlage an natürlichen Felswänden, in Steinbrüchen oder an Gebäuden, die mit diversen Sicherungsmitteln so vorbereitet wird, dass sich Kletterer mit geringem Aufwand sichern und bei vergleichsweise geringen Gefahren klettern können.

    Ein Hochseilgarten ist ein Kletterpark, der aus verschiedenen, künstlich errichteten Plattformen besteht, die auf Pfählen befestigt werden.

    Ein Klettersteig (oder auch "Via Ferrata") ist ein mit Eisenleitern, Eisenstiften, Klammern und Seilen gesicherter Kletterweg auf einem natürlichen oder künstlich angelegten Fels.

    Tipps für Kletterwände in Österreich

    • Gipfelsieg, Alpines Lebensgefühl / Kitzbüheler Horn
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      Klettern trainiert Körper und Geist

      Klettern ist ein Ganzkörpersport, bei dem die gesamte Muskulatur beansprucht wird. Aber auch mentale Fähigkeiten wie Konzentration und Selbstvertrauen werden gestärkt. Bei der Partnersicherung oder beim Klettern in der Seilschaft ist gegenseitiges Vertrauen und Verantwortungsbewusstsein unerlässlich. Um Spaß am Sport zu haben und die Risiken so gering wie möglich zu halten, muss man sich auf seinen Kletterpartner felsenfest verlassen können, und umgekehrt natürlich ebenso. Jeder Griff muss sitzen, beim Klettern und beim Sichern!

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